Dienstag, 23. März 2010

Slowenien und der Skandal um die Innenministerin Katarina Kresal

Skandal in Slowenien

Die Rache der missbrauchten Hunde

Pahor und auch Innenministerin 
Katarina Kresal müssen sich unangenehmen Fragen stellen
Pahor und auch Innenministerin Katarina Kresal müssen sich unangenehmen Fragen stellen
23. März 2010 
Das Polizeifoto könnte aus einem Horror-Pornofilm stammen. Es zeigt den blutüberströmten und nackten Leichnam des slowenischen Prominentenarztes Saso Baricevic, der am 2. Februar in Laibach (Ljubljana) von seinen beiden Kampfhunden Atlas und Joy zerfleischt worden ist. Die Leiche liegt rücklings auf dem Klinkerfußboden einer Garage, umgeben von blutbefleckten Tüchern, einem blau-weiß gestreiften Bademantel und einem Umschnalldildo.
Doktor Saso Baricevic war ein Transsexueller. Die Tochter einer Fernsehregisseurin und eines angesehenen Dermatologen hatte sich nach dem Medizinstudium einer Hormontherapie unterzogen und Geschlecht und Namen gewechselt. Ein chirurgischer Eingriff wurde nicht durchgeführt, auch das ist auf dem Foto zu erkennen.

Generalstaatsanwältin muss sich erklären

Der 
slowenische Ministerpräsident Borut Pahor
Der slowenische Ministerpräsident Borut Pahor
Wie es an die Boulevard-Presse gelangen konnte, ist Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen. Deren Verlauf könnte die slowenische Generalstaatsanwältin Barbara Brezigar das Amt kosten - falls der slowenische Ministerpräsident Borut Pahor dem massiven Druck von Innenministerin Katarina Kresal und Justizminister Ales Zalar von der kleinen Liberaldemokratischen Partei (LDS) nachgeben sollte.
Frau Brezigar blickt auf eine tadellose dreißigjährige Tätigkeit als öffentliche Anklägerin zurück. 2002 war sie bei der Präsidentenwahl die Kandidatin der Konservativen, seit 2005 ist sie Generalstaatsanwältin. Die linke, aus der kommunistischen Partei hervorgegangene LDS wirft ihr vor, sich rechtswidrig in die Ermittlungen eingeschaltet zu haben. Frau Brezigar bestreitet das: Es sei ihre Pflicht, argumentiert sie, sich in solchen Fällen zu informieren und zu garantieren, dass die nötigen Ermittlungen auch tatsächlich durchgeführt würden.

Auffällig viele Zufälle

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Der Fachmann, der vor Gericht im Gegensatz zum Veterinäramt die Rückgabe der Kampfhunde an ihren Eigentümer für unbedenklich erklärte, ist zufällig ein Onkel der Innenministerin. Der Richter, der sich diese Auffassung zu eigen machte, ist zufällig ein Bruder des Justizministers Ales Zalar.

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Tierärzte vermuten Missbrauch

Dass ein Plastik-Phallus mit Gürtel neben der Leiche gefunden wurde, dürften die ermittelnden Polizeibeamten damals entweder für normal oder ebenfalls für einen reinen Zufall gehalten haben. Erst das Veterinäramt erstattete Anzeige gegen Unbekannt wegen sexuellen Missbrauchs der beiden Bullmastiffs, als an ihren Kadavern dafür typische Verletzungen festgestellt wurden. Die Tierärzte nehmen an, dass die Hunde seit langem und möglicherweise von mehreren Personen missbraucht wurden.

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Intrigen und Korruption

Bisher ist erst der für die Rückgabe der Bullmastiffs zuständige Landwirtschaftsminister Milan Pogacnik zurückgetreten, der nebenbei in eine Korruptionsaffäre verstrickt ist. Innenministerin Kresal und Justizminister Zalar weisen weiter jeden Vorwurf der Begünstigung oder des Eingriffs in die Ermittlungen scharf zurück und sprechen von einer politischen Intrige, die mit Hilfe der Generalstaatsanwältin ausgetragen werde. Anderer Auffassung ist die Opposition. Der frühere Ministerpräsident Janez Jansa hält den Linksparteien vor, sie wollten Frau Brezigar loswerden, um den Fall Baricevic unter den Teppich kehren zu können und nach dem Justiz- und dem Innenministerium auch die Staatsanwaltschaft unter ihre Kontrolle zu bekommen.
Ebendiesem Vorwurf will sich der sozialdemokratische Ministerpräsident Borut Pahor nicht aussetzen. Pahor sträubte sich bisher, die Generalstaatsanwältin zu entlassen, ungeachtet der Drohung der Liberaldemokraten, die Koalition zu verlassen, sollte er ihrer Forderung nicht nachkommen. Ungemach bereitet dem Ministerpräsidenten aber auch Finanzminister Franc Krizanic, der seiner eigenen Partei angehört. Krizanic hält sich als Berater den ehemaligen Staatssicherheitsagenten Drago Isajlovic, der 1988 den heutigen Oppositionsführer Janez Jansa verhaften ließ.
Der Hochverratsprozess gegen den Dissidenten Jansa und seine Mitangeklagten und die Massenproteste dagegen waren damals der Wendepunkt in der politischen Entwicklung, die zur Unabhängigkeit Sloweniens führte. Der Finanzminister widersetzt sich aber demonstrativ der Aufforderung des Ministerpräsidenten, Isajlovic zu entlassen - hatte doch gerade erst Präsident Danilo Türk den früheren kommunistischen Geheimdienstchef Tomaz Ertl (dem eine Verstrickung in einen Terroranschlag in Österreich 1979 vorgeworfen wird) mit der Silbernen Verdienstmedaille ausgezeichnet. Am Verhalten Pahors gegenüber Frau Brezigar und Finanzminister Krizanic dürfte sich bald erweisen, wie stark er als Parteivorsitzender und Ministerpräsident wirklich ist.
Dimitrij Rupel, Außenminister während der slowenischen EU-Präsidentschaft unter der Regierung Jansa, wirft der gegenwärtigen politischen Führung des Landes vor, dort wieder anzuknüpfen, wo ihre Genossen vor zwanzig Jahren eine Zwangspause einlegen mussten. „Die Rhetorik und die Politik der Koalition Pahors“, schrieb Rupel, „erinnert an die Konzepte, die 1990 in Slowenien aufgegeben wurden.“ Rupel verweist unter anderem darauf, dass regierungsnahe Kreise auch schon an einer außenpolitischen Wende arbeiteten. Prominente Politiker, Journalisten und Intellektuelle hätten in einer Petition den Austritt aus der Nato und die Auflösung der slowenischen Armee gefordert. Unterstützung gewähre ihnen der letzte kommunistische Parteichef und ehemalige slowenische Präsident Milan Kucan, die graue Eminenz des linken Establishments. Kucan habe kürzlich erklärt, unter den gegenwärtigen Bedingungen wäre er gegen den Nato-Beitritt Sloweniens. Der Artikel, den Rupel im Internet veröffentlichte, rief im slowenischen Außenministerium heftige Reaktionen hervor. Rupel, der derzeit Beamter im Außenministerium ist, sagt, Außenminister Samuel Zbogar habe ihm sogar mit Entlassung gedroht.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: AP, dpa

FAZ

 

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