Von Niemanden haben die Britten die Erlaubnis, Militär Experten nach Bosnien zu senden
Freitag, 17. Juni 2022
Koloniale Manieren: Briten stärken Präsenz in Bosnien durch Entsendung von Militärexperten
von Marinko Učur
"Großbritannien entsendet Militärexperten, um sich dem russischen Einfluss in Bosnien und Herzegowina zu widersetzen" – diese Information, die das offizielle London am vergangenen Donnerstag verbreitete, hat die Öffentlichkeit dieses Landes völlig verwirrt. Schließlich ist nicht bekannt, dass irgendjemand um ein zusätzliches Engagement der Briten in diesem Land gebeten hat, in dem es keinerlei Konsens über die für einige friedensstiftende, für andere destruktive Rolle der ehemaligen Kolonialmacht gibt. Derweil stellte sich heraus, dass die Briten sich selbst einluden und damit die Situation in der bereits ethnisch gespaltenen Staatengemeinschaft, die mit dem Daytoner Friedensabkommen von 1995 besiegelt wurde, weiter verkomplizieren.
"Es gibt keinen legalen Weg für britische Militärexperten, nach Bosnien und Herzegowina einzureisen, aber das ist die Manier der alten Kolonialmacht, die nie an die Tür ihrer Kolonien geklopft hat, als die sie uns offensichtlich wahrnehmen", beklagte das serbische Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums des Landes, Milorad Dodik.
Noch einen Schritt weiter ging er mit dem Verdacht, dass hinter der Ankündigung der Regierung von Boris Johnson die Absicht der Errichtung eines britischen Geheimdienstpostens auf dem Balkan stehe. "So wird BIH [Bosnien und Herzegowina – Anm. d. Red.] neben dem illegalen Hohen Vertreter in Gestalt des ehemaligen deutschen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt auch illegale beziehungsweise Militärexperten zur Seite gestellt bekommen, alles unter dem Vorwand der angeblichen Sezession und des sogenannten bösartigen russischen Einflusses", so Dodik. Er fügte hinzu: "Ihre jahrhundertealte Frustration über die Russen möchten die Briten in BIH heilen, jenem Land, mit dem viele gespielt, sich ausgebildet und die Lücken ihrer Lebensläufe gefüllt haben. Nichts Neues von den Briten", schloss Dodik.
Die Absicht der Briten, die Situation im Land durch eine verstärkte militärische Präsenz zu erschweren, wurde übrigens auch auf dem offiziellen Twitter-Account des Büros in der Downing Street in London angekündigt. Boris Johnson selbst meldete sich bald zu Wort und behauptete, dass "wir auf Einladung unserer Freunde, den hart erkämpften Frieden zu schützen, antworten". Unbekannt bleibt jedoch, wer diese Freunde sind, die Johnsons Armee zu ihrer Friedensmission eingeladen haben sollen.
Wenn man jedoch bedenkt, dass sich kurz nach Dodik der bosniakische Vertreter des Staatspräsidiums, Šefik Džaferović, zu Wort meldete und dieser die Absicht der britischen Regierung, Militärexperten zu entsenden, begrüßte, da er glaube, dass dies das NATO-Hauptquartier in Bosnien und Herzegowina stärken und das Land bei der Bekämpfung von Cyber-Bedrohungen praktisch unterstützen werde, wird klar, auf wessen Rechnung die Ankunft der Briten im Missionsgebiet, für die es keine Rechtfertigung oder offizielle Position der zuständigen Behörden gibt, geht.
Nach Angaben bosniakischer und kroatischer Politiker war die Lage in Bosnien und Herzegowina im vergangenen Jahr aufgrund der angeblichen sezessionistischen Aktivitäten der Behörden der Republik Serbien "gefährlich und besorgniserregend". Daher wird jede Verlängerung des NATO-Mandats, auch wenn sie eigenmächtig und willkürlich erfolgt, in Sarajevo mit Erleichterung aufgenommen. Denn ihrer Meinung nach hat das Bündnis das Recht, auch ohne die Zustimmung der Politiker vor Ort seine jahrzehntelange Mission im Einklang mit ihren Bedürfnissen zu ändern, was wiederum nach Auffassung einiger Politiker, die für einen Staat ohne föderale Gliederung eintreten, rechtens ist.
Dennoch ist es in einem Land, in dem nach wie vor alles möglich ist und in dem selbst in trivialen Angelegenheiten kein Konsens besteht, stets schwierig, Einigungen zwischen den vielfältigen nationalen Interessen der konstitutiven Völker, das heißt der Serben, Kroaten und Bosniaken, zu erzielen. Aus diesem Grund blieb auch die Verleihung des EU-Kandidatenstatus an Bosnien und Herzegowina aus, mit welchem die Ukraine und Moldawien nun zum Vorreiter unter den Kandidatenländern geworden sind. Von einer möglichen Mitgliedschaft in der NATO ganz zu schweigen, da die Kroaten und Bosniaken dafür, die Serben aus der Republik Serbien jedoch energisch dagegen sind.
Angesichts eines solch komplexen Gefüges zwischen den Kräften in diesem Land und der seit Ende des Bürgerkriegs 1995 anhaltenden Pattsituation erreichen die Briten und andere selbsternannte "Friedensstifter" unter dem Vorwand, sich dem "bösartigen russischen Einfluss" zu widersetzen, ihre selbst gesteckten Ziele; die im Falle Großbritanniens eine erkennbar neokoloniale Färbung haben.
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