Das Zugunglück ereignete sich letzten Dienstag kurz vor Mitternacht auf der Strecke von Athen nach Thessaloniki, als der Intercity-62-Personenzug mit rund 350 hauptsächlich jungen Passagieren frontal mit einem Güterzug zusammenstieß.
Es handelt sich um den tödlichsten Eisenbahnunfall in der Geschichte Griechenlands, der den bisher schlimmsten Unfall von 1968 weit in den Schatten stellt. Damals waren in der Nähe von Korinth 34 Menschen bei einem Frontalzusammenstoß zwischen zwei Personenzügen gestorben. Europaweit ist es das schlimmste Unglück seit 2013, als in Spanien 80 Menschen beim Entgleisen eines Zugs ums Leben kamen.
Am Wochenende demonstrierten tausende Eisenbahner, Jugendliche und Studierende im ganzen Land, und Zehntausende versammelten sich vor dem Parlament auf dem Athener Syntagma-Platz.
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Am Sonntag wurde der Bahnhofsvorsteher Samaras wegen fahrlässiger Tötung angeklagt und bis zu seinem Prozess in Untersuchungshaft genommen, nachdem er siebeneinhalb Stunden lang vor einem Untersuchungsrichter ausgesagt hatte. Sein Anwalt, Stephanos Pantzartzidis, erklärte später: „Mein Klient hat wahrheitsgemäß ausgesagt, ohne Angst, sich selbst zu belasten.“
Pantzartzidis machte deutlich, wie gefährlich das griechische Eisenbahnnetz ist. Er erklärte, sein Mandant sei „20 Minuten lang für die gesamte Sicherheit [der Züge] in Zentralgriechenland verantwortlich gewesen“.
Der Greek Reporter schrieb am Montag, der Bahnhofsvorsteher „Samaras soll erklärt haben, seine Kollegen hätten in der Nacht des Unfalls um etwa 23 Uhr ihre Posten verlassen, sodass er das Netz allein verwalten musste“.
Am Montag veröffentlichte Reuters ein wertvolles Exposé von Angeliki Koutantou und Michele Kambas mit dem Titel „Griechisches Zugunglück entlarvt Vernachlässigung des Eisenbahnnetzes“. Es bestätigt, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ein so schweres Unglück wie in Tempi passieren würde. Darin hieß es: „Einige Eisenbahner und Informanten aus der Branche wiesen im Gespräch mit Reuters darauf hin, dass die ferngesteuerten Überwachungs- und Signalsysteme, die den Zugverkehr kontrollieren und die Zugführer leiten, seit Jahren nicht mehr richtig funktionieren.“
Die Autoren erklärten: „Der Bahnhof von Larissa hatte ein lokales Signalsystem, das Züge über eine Entfernung von etwa fünf Kilometern verfolgt ... Das bedeutet, die Bahnhofsvorsteher mussten per Funk untereinander und mit den Zugführern kommunizieren, um die Lücken zu schließen, und die Signale wurden manuell bedient.“
Laut einer „Eisenbahn-Quelle“ war der Streckenabschnitt, in dem die Züge zusammengestoßen sind, „ein schwarzes Loch. Ferngesteuerte Überwachungs- und Signalsysteme waren noch nicht eingerichtet worden.“
Reuters schilderte die verheerende Tatsache, dass dieser Teil der Strecke – zwischen den beiden größten Städten des Landes, die Millionen Menschen miteinander verbindet – früher, als die Betreibergesellschaft TrainOSE noch staatlich war, über ferngesteuerte Überwachungssysteme kontrolliert worden war. Das System fiel jedoch der brutalen Sparorgie von EU, IWF und Europäischer Zentralbank zum Opfer, deren Diktate alle Regierungen seit 2008 umgesetzt haben.
Griechenland: Massenproteste und Streiks nach dem Zugunglück bedrohen die Regierung - World Socialist Web Site (wsws.org)
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