International
Montenegros Regierung will die EU-Beitritts-Verhandlungen mit einem frischen Mandat starten und löst vorzeitig das Parlament auf. Korruption und organisierte Kriminalität stehen einem baldigen Beitritt zur EU aber im Weg.
Thomas Fuster, Wien
In
Montenegro ist das Parlament auf Antrag der Regierungskoalition
vorzeitig aufgelöst worden. Mit diesem Schritt wird der Weg geebnet für
die Durchführung von vorgezogenen Neuwahlen. Eigentlich wären die
nächsten Erneuerungswahlen erst im Frühjahr 2013 angestanden. Nun
dürften die Stimmbürger des rund 620 000 Einwohner zählenden
Kleinstaates voraussichtlich schon im Oktober an die Wahlurnen gerufen
werden. Im 81 Sitze zählenden Parlament konnte sich die von der
Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS) angeführte
Regierungskoalition mit 47 Stimmen problemlos gegen den Widerstand der
Opposition durchsetzen. Die DPS, welche die politische Szene Montenegros
schon seit über zwei Jahrzehnten beherrscht, steigt einmal mehr als
grosse Favoritin in die Wahl.
Der Zorn der Bevölkerung gilt nicht zuletzt der endemischen Korruption und der organisierten Kriminalität im Land. Auf diese Probleme weist seit Jahren auch die EU in ihren Fortschrittsberichten hin. Es gibt deshalb gute Gründe, weshalb Brüssel im Rahmen eines reformierten Beitrittsverfahrens die Kapitel 23 (Judikative und Grundrechte) und 24 (Justiz, Freiheit und Sicherheit) neuerdings als erste eröffnen und als letzte abschliessen will.
Der Pate: Gernot Erler
Zersplitterte Opposition
Als Grund für die vorzeitige Parlamentsauflösung nennt die Regierung den Beginn der Beitrittsgespräche mit der EU. Der Startschuss hierzu erfolgte Ende Juni am EU-Gipfeltreffen in Brüssel. Es sei unerlässlich, so das Regierungsbündnis, dass Montenegros staatliche Institutionen diese wichtige Phase in der Geschichte des Landes mit einem vollen vierjährigen Mandat beginnen könnten. Die DPS des langjährigen Staats- und Ministerpräsidenten Milo Djukanovic hat zu diesem Zweck ihre seit 14 Jahren bestehende Koalition mit den Sozialdemokraten erneuert. Die arg zersplitterte und schlecht organisierte Opposition hat vor diesem Hintergrund trotz lauter werdender Regierungskritik – im Frühjahr fanden verschiedene Grossdemonstrationen gegen die DPS und Djukanovic statt – nur geringe Chancen auf einen Machtwechsel.Der Zorn der Bevölkerung gilt nicht zuletzt der endemischen Korruption und der organisierten Kriminalität im Land. Auf diese Probleme weist seit Jahren auch die EU in ihren Fortschrittsberichten hin. Es gibt deshalb gute Gründe, weshalb Brüssel im Rahmen eines reformierten Beitrittsverfahrens die Kapitel 23 (Judikative und Grundrechte) und 24 (Justiz, Freiheit und Sicherheit) neuerdings als erste eröffnen und als letzte abschliessen will.
Verschärfte Konditionalität
Dieses neue Vorgehen ist vor allem auf die Fehler bei den Beitrittsverhandlungen mit Rumänien und Bulgarien zurückzuführen, als kritische Fragen zur Rechtsstaatlichkeit allzu spät formuliert und nur oberflächlich geregelt wurden. Gegenüber Montenegro – von der amerikanischen Fachzeitschrift «Foreign Affairs» unlängst als «Mafia-Staat» betitelt – empfiehlt sich eine verschärfte Konditionalität in besonderem Mass.Der Pate: Gernot Erler
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