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Freitag, 5. Januar 2018

Rumänische Ford-Arbeiter streiken


Rumänische Ford-Arbeiter müssen sich an internationale Arbeiterklasse wenden!

World Socialist Web Site Autoarbeiter-Newsletter
30. Dezember 2017
Der Autoarbeiter-Newsletter der World Socialist Web Site begrüßt die militante Erhebung der Arbeiter des Ford-Werks im rumänischen Craiova und ruft alle Autoarbeiter in Europa, Nordamerika und Asien auf, ihren mutigen Kampf zu unterstützen.
In diesem Kampf geht es um Fragen, die die Autoarbeiter auf der ganzen Welt sehr gut kennen. Es geht um Armutslöhne und um den ständigen Anspruch, Zugeständnisse zu machen und Mehrarbeit zu leisten. Es geht um die Androhung von Entlassungen und Werksschließungen und um Gewerkschaften, die statt als Arbeiterorganisationen als Werkzeuge der Konzerne agieren.
Am 21. Dezember veranstalteten etwa eintausend Arbeiter einen spontanen Streik gegen das schlechte Tarifabkommen, das die Autoarbeitergewerkschaft von Ford Craiova und Ford Rumänien zusammen ausgehandelt hatten. Ford hat im Jahr 2016 Profite in Höhe von 16,3 Milliarden Dollar brutto, und in den ersten drei Quartalen des Jahres 2017 von 9,4 Milliarden Dollar gemacht, fordert aber von den 4.200 Arbeitern eine Nullrunde bei den Löhnen für ältere Arbeiter und eine Senkung der Anfangslöhne auf fünf Prozent unter dem derzeitigen Mindestlohn, d.h. auf nur 300 Euro pro Monat. Außerdem verlangt Ford die Verringerung der Überstundenzuschläge und „flexible“ Arbeitszeiten, „wenn die operative Lage es erfordert“.
Ford und die Gewerkschaft benutzen die Androhung von Massenentlassungen, um die Arbeiter zu erpressen. Der Chef von Ford Rumänien John Oldham schrieb am 13. Dezember in einer internen Mitteilung an die Arbeiter: „Wir müssen darüber nachdenken, was in diesem entscheidenden Moment das wichtigste für das Werk in Craiova ist: eine deutliche Lohnerhöhung oder die Sicherheit der Zukunft des Werks! Wir hoffen, Sie verstehen die Bedeutung der diesjährigen Verhandlungen in dem derzeit politisch und wirtschaftlich instabilen Klima.“
Der US-Konzern nutzt zudem ein neues Steuergesetz, das die rumänische Regierung eingeführt hat, und das am 1. Januar in Kraft tritt, als zusätzliches Druckmittel gegen die Arbeiter. Nach dem neuen Gesetz werden die Kosten für Krankenversicherung und andere Sozialleistungen von den Arbeitgebern fast vollständig auf die Arbeiter umgelagert. Oldham drohte, wenn die Arbeiter das derzeitige Abkommen ablehnten, würde das Unternehmen ein „deutlich schlechteres Angebot“ unterbreiten, das keinen Ausgleich für die höhere steuerliche Belastung vorsieht. Dies käme einer Reallohnsenkung um fast fünfundzwanzig Prozent gleich.
Trotz dieser Drohungen legten am Donnerstag hunderte von Arbeitern die Arbeit nieder und skandierten „Diebe, Diebe“ und „Hier herrscht Sklaverei“. Die Arbeiter der zweiten Schicht schlossen sich dem Streik an und riefen: „Wir gehen erst heim, wenn unsere Würde geachtet wird.“ An der Spitze des Kampfes standen jüngere Arbeiter, darunter viele der 1.700 Arbeiter, die Anfang des Jahres eingestellt wurden, als die Produktion des SUV Ford EcoSport begann.
Der Streik war ausdrücklich eine Rebellion gegen die wirtschaftsfreundliche Gewerkschaft, die mit dem Management zusammengearbeitet und einseitig dessen Forderungen umgesetzt hatte. Um die Arbeiter wieder an die Bänder zu bringen, behauptete die Gewerkschaft, sie habe einen solchen Deal nie unterschrieben. Zwei Tage später veröffentlichte sie jedoch eine interne Mitteilung, in der sie die Proteste als „illegal“ bezeichnete und erklärte, sie sei an den alten Vertrag gebunden, bis dieser am 31. Dezember auslaufe. Das Abkommen vom 21. Dezember bezeichnete die Gewerkschaft als „legal“ und erklärte, sie werde sich daran halten, wenn es am 1. Januar in Kraft trete.
Mit ihrem Streik gegen den US-Autokonzern kämpfen die Arbeiter von Ford Craiova für die Autoarbeiter in der ganzen Welt. Rumänien, Tschechien, die Slowakei, Polen, Serbien und andere mittel- und osteuropäische Staaten werden von der europäischen herrschenden Klasse seit langer Zeit als „verlängerte Werkbank“ genutzt, wo die multinationalen Konzerne billige Arbeitskräfte ausbeuten können. Gleichzeitig nutzen sie die „Osterweiterung“ der EU als Drohkulisse, um die Löhne und Arbeitsbedingungen in Westeuropa zu verschlechtern.
Seit die stalinistischen Regimes im Osten den Kapitalismus wieder eingeführt haben, haben sich VW, Renault, GM, Daewoo, Ford und andere globale Autokonzerne und Zuliefererbetriebe im Aufkauf von ehemals staatseigenen Fabriken zu Schleuderpreisen überboten. Momentan werden in Rumänien teilweise Löhne von nur zwei Euro gezahlt, d.h. zehn Prozent der Arbeitskosten eines deutschen Autoarbeiters.
Die amtierende sozialdemokratische Partidul Social Democrat, die den Arbeitern die Steuererhöhung aufgezwungen hat, ist eine Abspaltung von der stalinistischen Partei, die Rumänien früher regiert hat. Die Sozialdemokraten und ihre Partner in ganz Osteuropa haben sich zur Politik des freien Marktes bekannt und giftigen Nationalismus propagiert, um ihre Länder in Sklavenarbeitsreservate für die internationalen Konzerne zu verwandeln und die Bedingungen für den Aufstieg ultrarechter Parteien zu schaffen. Die rumänische Regierung versucht, die traditionellen Autobauer der Region zu untergraben, die als die Visegrad-Vier bekannt sind (Polen, Slowakei, Ungarn und Tschechien). Dazu bietet sie den Konzernen noch größere Steuervorteile an und baut die Sonderwirtschaftszonen aus, um ausländische Investitionen anzuziehen.
Die globalen Autokonzerne verfolgen bei der Ausbeutung der Arbeiterklasse eine internationale Strategie. Ein Branchenanalyst erklärte der Financial Times: „Heute verhalten sich die Investoren, die nach Mittel- und Osteuropa gekommen sind, deutlich anders als vor fünf oder sieben Jahren. Wirtschaftlich haben sie keine nationale Perspektive, sondern investieren in die Region.“
Die Gewerkschaften in ganz Europa, den USA und im Rest der Welt sind vollständig nationalistische und pro-kapitalistische Organisationen. Sie kämpfen nicht für die Einheit der Arbeiter im gemeinsamen Kampf gegen die globalen Konzerne und die kapitalistischen Regierungen, sondern unterstützen die Konzerne, indem sie die Arbeiter in einen brudermörderischen Unterbietungswettkampf treiben.
In Deutschland hat die IG Metall die Wiedereinführung des Kapitalismus in Ostdeutschland und Osteuropa begeistert unterstützt. Sie sitzt im Aufsichtsrat aller großen Autobauer und hat die Ausbeutung osteuropäischer Arbeiter zu Mindestlöhnen aktiv unterstützt. Sie nutzt sie aus, um die Arbeiter in Deutschland zu erpressen. Die Folgen sind längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich, eine drastische Senkung der Löhne für neu eingestellte Arbeiter und die Ausweitung von Teilzeit-, Leih- und Gelegenheitsarbeit. Doch keines dieser Zugeständnisse hat einen einzigen Arbeitsplatz gerettet.
Im Jahr 2014 unterstützte die IG Metall die Schließung des Ford-Werks im belgischen Gent, die 4.600 Arbeiter im Werk selbst und weitere 5.000 in Zulieferbetrieben den Arbeitsplatz kostete. Im gleichen Jahr stimmte die IG Metall einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen, flexiblen Arbeitszeiten und Lohnkürzungen für die 24.000 Arbeiter in den deutschen Ford-Werken in Köln und Saarlouis zu, nachdem das Management gedroht hatte, die Produktion nach Osteuropa, unter anderem nach Craiova, zu verlagern.
Jetzt benutzt die Regierung Macron in Frankreich die Drohung mit Massenentlassungen, um ihre unternehmerfreundlichen „Reformen des Arbeitsrechts“ durchzusetzen. Diese dehnen die Zeitarbeit aus und geben den Firmen das Recht, je nach Bedarf im amerikanischen Stil zu heuern und zu feuern.
Das Gleiche trifft für die Vereinigten Staaten zu, wo die Autoarbeitergewerkschaft UAW (United Auto Workers) seit langem nationalistisches Gift verspritzt und die Arbeiter in Mexiko, China und anderen Ländern dafür verantwortlich macht, „amerikanische Arbeitsplätze zu stehlen“. Gleichzeitig arbeiten sie mit den Bossen zusammen, um die Löhne zu senken. Im Gegenzug haben die Konzerne GM, Ford und Fiat-Chrysler der UAW Unternehmensanteile und Bestechungsgelder in Milliardenhöhe ausgehändigt. Darüber läuft ein Verfahren vor einem Bundesgericht, und UAW-Bürokraten haben sich schuldig bekannt, für Tausende Dollars als Handlanger der Unternehmen gedient zu haben.
Der Streik der rumänischen Arbeiter ist Teil des wachsenden Widerstands in der Arbeiterklasse der ganzen Welt gegen die endlosen, von den Gewerkschaften gebilligten Angriffe. Allein im Laufe des Jahres 2017 streikten Fiat-Arbeiter in Serbien und VW-Arbeiter in der Slowakai gegen Sklavenarbeitslöhne und Bedingungen. In den letzten Jahren haben Autoarbeiter in China und Indien heftige Kämpfe geführt, und 2015 rebellierten Autoarbeiter in den Vereinigten Staaten gegen die korrupte UAW.
Wenn diese Auseinandersetzungen weitergehen und die Arbeitsplätze und den Lebensstandard effektiv verteidigen sollen, dann sind neue Organisationen nötig. Sie müssen die Kämpfe der Arbeiterklasse weltweit miteinander verbinden, damit ein gemeinsamer Kampf gegen die Unternehmen und ihre Komplizen in den Gewerkschaften möglich wird.
Der Autoarbeiter-Newsletter der World Socialist Web Site schlägt den rumänischen Ford-Arbeitern vor, ein Komitee aus einfachen Arbeitern zu bilden. Dessen Aufgabe muss es sein, einen vom Einfluss des Unternehmens und der Gewerkschaft, sowie der rumänischen Politik unabhängigen Kurs zu verfolgen, um die Rechte der Arbeiterklasse zu verteidigen.
Überall in Rumänien sind Autoarbeiter bereit, gegen die von der Regierung geplante Steuerreform zu kämpfen. Die Arbeiterkomitees müssen Verbindung zu den Arbeitern in ganz Rumänien und – noch wichtiger – zu den Arbeitern in Europa und weltweit aufnehmen, um sie zur Unterstützung aufzufordern.
Wenn die transnationalen Unternehmen in ihrem Krieg gegen die Arbeiterklasse eine internationale Strategie verfolgen, dann müssen die Arbeiter ebenfalls eine internationale Strategie für den Klassenkampf entwickeln, um ihre Interessen zu verteidigen. Solange sie von ihren Kolleginnen und Kollegen überall auf der Welt isoliert sind, bleiben die Arbeiter in Craiova Schachfiguren in den Händen der multinationalen Konzerne und ihrer Verbündeten. Dabei sind die Arbeiter in Rumänien mit den gleichen Problemen konfrontiert wie ihre internationalen Kollegen. Gemeinsam mit ihnen haben sie eine enorme gesellschaftliche Macht, denn die Profite der Konzerne sind das Ergebnis der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft.
Die Arbeiter von Craiova wissen, welches ihre militantesten und vertrauenswürdigsten Kollegen sind. Es sind die, die in den vergangenen Wochen ihre Arbeitsplätze und ihren Lebensunterhalt riskiert haben, indem sie sich gegen die Ungleichbehandlung und die Diktatur von Unternehmen und Gewerkschaft stellten. Die mutigsten und prinzipientreuesten Arbeiter müssen in einer demokratischen Wahl in die Leitung des Komitees gewählt werden. Sie müssen künftig den Arbeitern Rechenschaft ablegen und können von ihnen abberufen werden. Massenversammlungen müssen abgehalten werden, um Neueingestellte und ältere Arbeiter im gemeinsamen Kampf zusammenzubringen. Dem Unternehmen und der Gewerkschaft muss klargemacht werden, dass Strafaktionen wie Entlassungen auf den Widerstand der vereinten Belegschaft stoßen, und dass sie angeprangert und öffentlich bekanntgemacht werden. Die Plattformen der sozialen Medien, in denen Arbeiter ihre Pläne diskutieren, müssen von Spitzeln der Gewerkschaft und Spionen der Unternehmen gesäubert werden.
Es gibt viele nationale Gewerkschaftsorganisationen in Rumänien, die vielleicht versuchen werden, Arbeiter dazu zu bewegen, bei ihnen einzutreten und die Organisation und die Verhandlungen ihren Funktionären zu überlassen. Das wäre ein großer Fehler! Die Gewerkschaften, auch die, die nicht offiziell mit den Unternehmen verbunden sind, werden die Arbeiter nur isolieren und den künftigen Ausverkauf vorbereiten. Keine von ihnen hat eine internationale Strategie, um gegen die internationalen Konzerne zu kämpfen. Sie alle sind mit politischen Parteien verknüpft, welche die Steuerreform durchführen. Ihnen ist nicht zu trauen. Der Erfolg des Kampfs der Arbeiter von Craiova hängt ab davon, ob sie fähig sind, ihre Unabhängigkeit von den Gewerkschaften und den bürgerlichen Parteien zu bewahren, und auch davon, ob sie in der Lage sind, ihre Isolation zu durchbrechen und sich mit ihren Ford-Kollegen international zu verbünden.
Der Autoarbeiter-Newsletter der World Socialist Web Site ist das einzige Nachrichtenorgan, das die Arbeiter weltweit über den Kampf der Arbeiter in Craiova informiert. Wir berichten über unsere Verteiler von den Kämpfen der rumänischen Ford-Arbeiter und diskutieren diese Fragen mit Autoarbeitern in den Vereinigten Staaten und weltweit. Die Ford-Arbeiter in Rumänien müssen wissen, dass ihr Arbeitskampf von vielen Autoarbeitern verfolgt wird, die ihnen ihre volle Unterstützung zusagen.
Viele rumänische Ford-Arbeiter haben die World Socialist Web Site erst vor kurzem kennengelernt. Wir sind ein revolutionäres sozialistisches Nachrichtenorgan, und wir gehören zum Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI). Unsere Bewegung wurde 1938 von Leo Trotzki gegründet, dem Führer der Russischen Revolution von 1917 an der Seite von Wladimir Lenin. Trotzki wurde von Stalins Agenten in Mexiko City ermordet.
Wir glauben, dass die sozialen Rechte von Arbeitern, die den Reichtum der Gesellschaft produzieren, höher stehen müssen als die Anhäufung grotesker Summen von persönlichem Vermögen der Konzernherren und der Finanzoligarchen. Das erfordert den Kampf für den Sozialismus.

https://www.wsws.org/de/articles/2017/12/30/ford-d30.html

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