16.12.2011
Wird Moldau neuer Musterschüler Osteuropas?
Es ist eine einfache Rechenaufgabe. 61 Stimmen sind nötig, um als Präsident der Republik Moldau vom Parlament gewählt zu werden. Die regierende Koalition "Allianz für die europäische Integration" hat 59 Sitze. Die fehlenden zwei Stimmen könnten von den oppositionellen Kommunisten kommen. Doch diese weigern sich bislang, einen Kandidaten der Regierung zu unterstützen, und fordern Neuwahlen. Seit 2009 lebt das kleine postsowjetische Land an der östlichen Grenze der Europäischen Union in einem permanenten Wahlkampf: Auf gescheiterte Präsidentenwahlen folgten bereits zwei vorgezogene Parlamentswahlen. Amtierende Präsidenten wurden bisher abwechselnd von drei Koalitionsparteien gestellt.
Es kommt auf die Kommunisten an
Marian Lupu ist der einzige Präsidentschaftskandidat Doch die politische Dauerkrise im "ärmsten Land Europas", wie Moldau in westlichen Medien oft genannt wird, könnte bald ein Ende haben. Am Freitag (16.12.2011) unternimmt das moldauische Parlament erneut einen Versuch, ein Staatsoberhaupt zu wählen. Ursprünglich hätte die Präsidentenwahl Mitte November stattfinden sollen, musste aber aus formellen Gründen verschoben werden. Als einziger Kandidat tritt nun der geschäftsführende Staatschef Marian Lupu von der Demokratischen Partei an. Er selbst glaubt, zwei bis drei Stimmen von den oppositionellen Kommunisten bekommen zu können.
Tatsache ist, dass vor einigen Wochen drei Abgeordnete aus der Kommunistenfraktion ausgetreten sind. Ob sie nun aber tatsächlich für Lupu stimmen werden, ist offen. Sollte die Wahl scheitern, müsste das Parlament zum dritten Mal in Folge vorzeitig aufgelöst und eine Neuwahl angesetzt werden.
Weitere Annäherung an EU möglich
In der Europäischen Union wird die aktuelle Entwicklung in Moldau genau beobachtet. "Die Aufforderung aus EU-Europa und Deutschland an die Koalition in Chisinau ist: 'Seht zu, dass Ihr bei dieser einmaligen guten Konstellation in der Lage seid, Euch auf einen Kandidaten zu verständigen und zu wählen'", sagt Manfred Grund, CDU-Abgeordneter im Deutschen Bundestag und Vorstandvorsitzender des Deutsch-Moldauischen Forums. Er hofft, dass diesmal "die Verfassungskrise in Moldau überwunden werden kann".
Manfred Grund, CDU-BundestagsabgeordneterDie prowestliche Regierung in Moldaus Hauptstadt Chisinau strebt einen EU-Beitritt des Landes an. Sollte die Präsidentenwahl diesmal gelingen, könnte auch die europäische Integration voran kommen, meinen Experten wie Holger Dix, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rumänien und der Republik Moldau: "Wenn die Regierung eine langfristige Perspektive hat, dann wird es auch weitere Fortschritte bei der Annäherung an Europa geben". Allerdings sei vor dem Hintergrund der aktuellen Euro-Schuldenkrise jetzt "ein ganz schlechter Zeitpunkt, um als Kandidat für eine EU-Mitgliedschaft aufzutreten". Noch sei Moldau kein Musterschüler im Osten Europas, meint Dix. "Es ist sicherlich wahr, dass die Republik Moldau unter der jetzigen Regierung große Fortschritte gemacht hat. Es ist aber auch so, dass die politischen Entwicklungen noch nicht unumkehrbar sind", sagt der Experte.
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