Die Kriegstreiber geben nun schon 10 Jahre den Ton an
Das Beispiel Richard Holbrooke
von Willy Wimmer, Bundestagsabgeordneter (CDU/CSU) und ehemaliger Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium
Die Ernennung von Richard Holbrooke zum Beauftragten für die Afghanistan-Pakistan-Politik von Präsident Obama war ein deutliches Signal. Nach den Erfahrungen mit Herrn Holbrooke im Vorfeld und während des Jugoslawien-Krieges kann man mit Fug und Recht sagen: Wo Richard Holbrooke draufsteht, ist Krieg drin. Die Begründungen für einen Krieg à la Holbrooke dürften zufälliger Natur sein. Sie haben nur das eine Ziel, nämlich die Öffentlichkeit solange beschäftigt zu halten, bis das eigentliche Ziel, das sich die US-amerikanische Politik gesetzt hat, umgesetzt worden ist. Dabei fing alles so schön mit dem Jugoslawien-Krieg an. In den letzten 10 Jahren wurde von der «humanitären Intervention» nach britischem Vorbild aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf dem Balkan über die Massenvernichtungswaffen à la Irak bis hin zur Terrorbekämpfung nach dem Modell Afghanistan so richtig tief in den Zettelkasten allfälliger Begründungen gegriffen, um alleine oder mit einem Rattenschwanz dienstverpflichteter Staaten den amerikanischen Siegeszug vom Balkan über Bulgarien und Rumänien, den Kaukasus und den Irak, ausgreifend in Richtung Afghanistan-Pakistan-Kaschmir, nach Tibet, Burma und die thailändischen Südprovinzen zum Südchinesischen Meer und dem philippinischen Mindanao hinzubekommen. Richard Holbrooke ist dafür der richtige Mann. Bei dem Widerwillen, der sich letztlich gegen Obamas Amtsvorgänger George W. Bush aufgebaut hatte, vergisst man leicht eines: Die ausgreifende Art der amerikanischen Globalpolitik begann unter Clinton, Albright und Holbrooke. Bush schien zunächst Erleichterung und eine Abkehr von der Kriegspolitik seines Vorgängers zu versprechen – bis er so richtig kräftig zulangte. Warum soll das nach Bush II bei Obama anders sein, wenn man sich der Holbrookes dieser Welt als Ausdruck der amerikanischen Politik bedient? Dabei wird man sich nicht sicher sein, was die Dimensionen möglicher Überraschungen anbetrifft. Spätestens dann, wenn wir Herrn Holbrooke im trauten Kreis mit Taliban-Kämpfern nach dem Vorbild seiner UÇK-Verbündeten aus dem Kosovo sitzen sehen, werden wir die Dimension des «Hakenschlagens» begreifen. Warum soll man sich nicht mit den Taliban zusammensetzen, wo sie doch während der ersten Amtszeit der Clinton-Präsidentschaft und damit der Demokraten, zusammen mit den pakistanischen und saudischen Freunden geschaffen worden waren?
Das Muster, das der amerikanischen Politik gegen Jugoslawien und auf dem Balkan als erstem Schritt des globalen Ausgreifens unterstellt werden muss, dürfte die Zukunft bestimmen: Die gegen den Willen ihrer Bevölkerungen in der neuen Dimension verbündeten Staaten werden auf ein neues strategisches Konzept der Nato als globalen Interventionsapparat verpflichtet. So geschah das klammheimlich und an den Parlamenten vorbei mit dem Beschluss über eine neue Nato-Strategie im September 1998 in Portugal.
Es folgte das mit der jugoslawischen Seite im Oktober 1998 verabredete Waffenstill-standsabkommen, das zwei Besonderheiten aufwies, mit denen es unterlaufen bzw. genutzt werden konnte:
1. Während sich Jugoslawien an dieses Abkommen hielt, liess man die UÇK im Kosovo von der Leine und gegen die jugoslawischen Verbände den Kampf eröffnen.
2. Das zwischen Präsident Milosevic und US-Emissär Holbrooke geschlossene Waffenstillstandsabkommen wurde für die Beratungen im Nato-Rat in Brüssel mit einer automatischen Angriffskomponente für Luftangriffe versehen, die man am 24. März 1999 unter Bruch des bekannten Völkerrechts umsetzen konnte.
Holbrooke, von der jugoslawischen Seite auf diesen «Actord» im Nato-Rat angesprochen, hat sich dem Vernehmen nach in dem Sinne geäussert, dass «man die Verbündeten nur so habe bei der Stange halten können». Die Folgen sind bekannt, bis zu dem Umstand, dass im Kosovo beachtliche israelische Kräfte eingesetzt waren und angeblich von der jugoslawischen Armee umgebrachte UÇK- und Rugova-Leute anschliessend in Tel Aviv der Öffentlichkeit vorgestellt wurden.
Die Ereignisse von Racak und die Verhandlungsfarce von Rambouillet waren nur weitere Schritte, um das umzusetzen, was man immer schon wollte: Die Beziehungen zwischen den Albanern im Kosovo und den Serben, bzw. das Nichtvorhandensein derselben zu nutzen, um Eisenhowers Fehler aus dem Jahr 1944 auszubügeln, wie dies offizielle amerikanische Vertreter auf einer Balkan-Konferenz in Bratislava, im Jahr 2000, ausgeführt haben. Amerikanische Bodentruppen mussten endlich auf dem Balkan und von dort ausgreifend nach Osten stationiert werden.
Präsident Obama hat mit seinem Handstreich à la Holbrooke auch schon mal die Ausdehnung von Afghanistan nach Pakistan für das südasiatische Kriegsgebiet beschlossen. •
Sonderausgabe April 2009
Es begann mit einer Lüge – und die Lüge dauert an
10 Jahre nach dem Jugoslawien-Krieg
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Sonntag, 2. August 2009
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