Die Präsidentschaftswahl in Rumänien muss wiederholt werden. Das hat das höchste Gericht des Landes entschieden. Grund sind angebliche Enthüllungen des Geheimdienstes, nach denen Russland die Wahl manipuliert und den Erfolg von Călin Georgescu in der ersten Runde herbeigeführt haben soll.
Romania’s Social Democratic PM Reappointed Amid Political Turmoil
Demokratie-Albtraum in Rumänien: Neue Enthüllungen legen Manipulationen durch Regierung nahe
02. Januar 2025 Luca Schäfer
Der prorussische Kandidat Georgescu soll die Wahl in Rumänien beeinflusst haben. Neue Recherchen führen allerdings zur Regierungspartei. Eine Spurensuche (Teil 1).
Dies ist der erste Teil des Artikels.
Würden wir nicht im Zeitalter globaler, sozialer Medien leben, wäre die Präsidentschaftswahl in Rumänien sicher weniger spektakulär verlaufen. Rumänien, gesegnet mit 19 Millionen Einwohnern und dem BIP eines deutschen Stadtstaates, hat das politische Gewicht von Somalia oder Chile.
Jenseits antikommunistischer Schauergeschichten wird selten nach Bukarest geschaut, und wenn, dann mitleidig. Verheißungsvolle Prophezeiungen von Wohlstand und Freiheit von Brüssels Gnaden sind zu fernen Träumen geworden. Wäre da nicht die weltpolitische Konfliktlage, würde kaum ein Hahn nach Bukarest krähen.
https://youtu.be/wQQs7gbn74U?si=_cYUT3JBVFPCZ5AZ
eigentlich alles zum Thema gesagt.
Doch Ende 2024 geht die Farce im rumänischen Wahlzirkus in die nächste Runde. Es steht viel auf dem Spiel: Verliert man das Nato-Mitglied und die Heimat des größten Nato-Stützpunktes von Europa an der Schwarzmeerperle Constanta an Russland? Der Kampf wurde mit harten Bandagen, einer großen Hand voller Dollarscheine und rund um die Plattform Tik-Tok geführt.
Die jüngsten Enthüllungen des rumänischen Kollektivs Snoop deuten auf eine schockierende Wende hin. Status quo ante
Wie schnelllebig das Mediengeschäft heutzutage ist, lässt sich wunderbar am Fall Rumänien dokumentieren.
Noch am 10. Dezember 2024 berichtete der Autor auf Telepolis vorsichtig. Georgescu wurde treffend als Bauernopfer einer antirussischen Hetzkampagne des herrschenden Kartells aus Parteienlandschaft, Massenmedien und einer ideologischen Generalmobilmachung der Nato-Staaten gegen den Kreml charakterisiert.
Zwar gab es damals viele Zweifel, aber außer den mit Vorsicht zu genießenden „Beweisen“ des rumänischen Geheimdienstes keine belastbaren Informationen. Sicher schien nur: Nutznießer der Wahlscharade waren die prowestlichen Parteien und die Nato-Staaten.
Verlierer der Stunde war Russland, das geopolitisch einen weiteren Dämpfer hinnehmen musste, und Calin Georgescu – er war auf dem bigotten Altar der gescheiterten Völkerverständigung mit dem russischen Nachbarn geopfert worden.
Der Westen hatte aus ihm, der reichlich Angriffsfläche bot, einen rechtsextrem-faschistischen Kleriker mit pathologischen Zügen gemacht. Einen, dem man Wahlmanipulation im Jahrhundertmaßstab zutraute. Lesen Sie auch
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Generell passten die Vorwürfe in das Bild der angeblichen russischen Desinformationskampagnen: Staatsoffiziell durch das Bundesministerium für Inneres und Heimat wird behauptet, dass russische Narrative über diplomatische Kanäle, soziale Medien und staatliche Informationsnetzwerke in unsere Demokratie strömen.
Staatliche und private Medienhäuser in Deutschland sekundieren brav – der gemeine Russe umgeht das Verbot seiner Narrativverbreitung. Eine vermeintlich investigative Recherche von Correctiv fördert leicht Verdauliches zu Tage: Die Sperrung der Seiten von RT und anderen Quellen kann durch eine einfache „Spiegelung“ umgangen werden. Eine Million Lei für Kensington Communication
Die Plattform Snoop, mit dem Logo einer kalten Hundeschnauze, widerspricht unter Berufung auf eine anonyme Quelle der Anaf, der rumänischen Steuerbehörde, der Behauptung, Russland stecke hinter der Social-Media-Kampagne.
Die Enthüllung (auf Rumänisch hier) will durch eingesehene Dokumente beweisen können, dass die Kampagne mit Geldern der nationalliberalen Präsidentenpartei PNL bezahlt wurde.
Es handelte sich um Zahlungen in Höhe von einer Million Rumänischer Leu (ca. 200.000 Euro). Die Nationalliberale Partei ist die Juniorpartei der aktuellen Regierung und ihr Kandidat Nicolae Ciuca liegt auf Platz 5.